Presse
20. 10. 2005
Shih und Staud mit Anika Vavic
Schon die Programmwahl war durchdacht und treffend: jenseits von "Sandwich" oder Schwerpunkt" kombinierte Anika Vavic im Brahms-Saal vor und nach der Pause jeweils eine neue Komposition mit einem Meilenstein der Klaviermusikgeschichte
Die beiden zuerst gespielten Werke passten auch speziell zusammen: Der letzte Walzer des Taiwan-österreichers Shih kann als ein Bewegungs-Charakterstück gehört werden, das sich gut mit Schumanns Kreisleriana fügte; flirrende Wirbel verdichten sich zu massiveren Bewegungen, werden wieder zurückgenommen bis zu meditativ wirkenden Einzeltönen. Dabei lassen die Vorgaben des Komponisten dem Interpreten ein hohes Ausmaß an Mitgestaltung, das die junge, aus Belgrad stammende, in Wien ausgebildete Pianistin intensiv erfüllte.Im Gegensatz dazu ist Peras von Johannes Maria Stand ein Stück, das mehr aufs Strukturelle und hier mehr nach Innen, aufs "Mikrokosmische" (Staud) orientiert ist. Diese beim Klavierfestival Ruhr uraufgeführte und nun auch im Herkunftsland des erfolgreichen 30-Jhrigen erklingende "Musik für Klavier" besticht durch klare Linien, die sich phasenweise gleichsam vielfach brechen und zu geballten, auch nervösen Verläufen verdichten.
Vavic war Peras hörbar ein Anliegen, das sie überzeugend vermittelte, bevor sie - in dem Fall eher als Kontrast - mit Chopins b-Moll-Sonate abschließend brillierte und vom zahlreichen (Fan-)Publikum gefeiert wurde.
Marion Diederichs-Lafite
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