Presse
05. 12. 2016
Eine Rose für das Orchester
Gérard Korsten, das SOV und eine Klaviervirtuosin lösten Begeisterung aus.
FELDKIRCH, BREGENZ. Zweites Abo-Konzert des Symphonieorchesters Vorarlberg unter Chefdirigent Gérard Korsten am Samstag im ausverkauften Montforthaus (mit zweitem Termin im Bregenzer Festspielhaus am Sonntag) - eine Routineangelegenheit, denkt man sich. Doch das genaue Gegenteil ist diesmal der Fall. Man spürt es vom ersten Ton an: Dirigent und Orchester spulen hier nicht ihren Dienst ab, sondern sind projektorientiert und damit hungrig nach Erfolg. Die Rose, die die fabulöse Klaviervirtuosin Anika Vavic am Ende aus ihrem Strauß an Konzertmeisterin Monika Schuhmayer für das Orchester überreicht, ist mehr als verdient.
Dazu kommt ein Programm, das dem Orchester einige elegant gemeisterte Prüfsteine in den Weg legt. Es kreist um die als melancholisch bekannte „Slawische Seele" und mutet dem Publikum gleich zu Beginn einen als extrem bekannten Neutöner zu. Doch diese zuletzt viel diskutierte Probe aufs Exempel ist nur halb so wild, weil nämlich der Pole Krzysztof Pendereckis in seiner 1996 entstandenen „Serenade" längst nicht mehr der Vorreiter einer wilden Avantgarde ist, sondern nach lebenslanger Entwicklung als heute 83-Jähriger eine altersweise, sehr abgemilderte und rückwärts gewandte Schreibweise pflegt. Nach einer barocken Passacaglia kann vor allem sein romantisches Larghetto in erweiterter Tonalität auch bei den Zuhörern punkten. Die Musiker erwecken es mit sichtlichem Spaß, größter Leidenschaftlichkeit und Intensität zum Leben, bevor es mit einem zarten Violinsolo ausklingt.
Dann die Begegnung mit einer überlegenen Pianisten-Persönlichkeit, der aus Belgrad stammenden Anika Vavic, und einem Werk wie Rachmaninoffs Rhapsodie über ein Thema von Paganini, das nicht gerade zum Standardrepertoire gehört. Das rechtfertigt auch die Tatsache, dass die Pianistin ihren Part nach Noten spielt.
Sie trifft genau den Gefühlsausdruck dieses wahnwitzigen Stücks virtuoser Klaviermusik und entfaltet aus ihrem sehr eigenständig geführten und oftmals im Orchester verschachtelten Solopart ein pianistisches Feuerwerk, das die Zuhörer verblüfft. Doch auch dem reichhaltig besetzten Orchester fordert der Komponist in diesen 24 Variationen schnelle Reaktion und eine Klangvielfalt ab, bis es in allen erdenkbaren Klangfarben glitzert und schillert oder zwischendurch mit einem Wald von Streichern über Klavierkaskaden zu Hollywood-Größe erstrahlt. Dass Rachmaninoff dabei auch das „Dies irae"-Thema aufblitzen lässt, passt genau zur „slawischen Seele", die auch oft so etwas wie Todessehnsucht empfindet. Die gefeierte Solistin bedankt sich nach ihrem Tasten-Furioso mit einem Stückchen aus Schuberts „Deutschen Tänzen".
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