Press

12. 12. 2022

Neue Ruhr Zeitung (Bettina Schack)

KLAVIER-FESTIVAL RUHR

Anika Vavic spielte in ihrem zweiten Programm in Gartrop Werke von Bach, Haydn, Beethoven und Skrjabin.

Anika Vavic beschloss mit ihren Weihnachtskonzerten das Klavier-Festival Ruhr auf Schloss Gartrop in Hünxe. Musik von Bach stand im Zentrum.

Foto: PETER WIELER / Peter Wieler
Foto: PETER WIELER / Peter Wieler

Das Streben zum Licht erleben, Dankbarkeit nach dem Sturm empfinden, Trost in der Religion finden, das kreative Schaffen eines anderen wertschätzen: „Das Humane unserer Konzerte war vielleicht nie so wichtig wie jetzt", zog Franz Xaver Ohnesorg am Samstag in der festlich glänzenden Alten Rentei von Schloss Gartrop in Hünxe Bilanz des Klavier-Festivals Ruhr 2023.

Der Blick aufs Programm für die beiden Weihnachtskonzerte, die seit mehreren Jahren den Abschluss des Festival-Jahres markieren, ließ sofort erkennen, was er meinte. Das Humane liegt nicht allein im so wichtigen Zusammenkommen und gemeinsamen Erleben eines verbindenden Konzertes, es liegt in der Musik selbst. Man kann es hören, fühlen und verstehen.

Das zweite Doppelkonzert in Gartrop
Für Anika Vavic war es das zweite Doppelkonzert in Gartrop, bereits 2020 absolvierte sie unter extremen Pandemiebedingungen zwei Auftritte hintereinander. Damals drehte sich alles um Beethoven, jetzt stand Bach im Zentrum. Ein überaus abwechslungsreiches Programm also. Denn Bach ist alles: beliebte Melodien („Jesus meine Freude"), virtuose Glanzstücke (Engl. Suite Nr. 3), Reflektion eines Genies, der stets auch andere anerkannte und sich von ihnen inspirieren ließ (Bach und Vivaldi). Ruft Anika Vavic mit Liszts Klavier-Transkription des 5. Satzes aus Beethovens 6., der Pastorale, Begeisterungsrufe im Publikum aus, so zeigt sie mit Bachs Italienischem Konzert in F-Dur BWV 971, wie dieser nichts übertragen brauchte, sondern sich einfach ein Orchesterwerk im Stile Vivaldis fürs Tasteninstrument selbst erfand.

Schon im Beethovenkonzert 2020 zeigte sich Vavics Stärke, musikalische Gedanken mit beeindruckender Klarheit zu kommunizieren. Wenn im Andante die Melodie des „Soloinstruments" aus der „Orchesterbegleitung" aufsteigt, weckt der Leipziger Thomaskantor fast mehr Assoziationen an die nebelverhangene Lagune als der Venezianer Vivaldi selbst.

Unerschöpfliches Werk
Bachs Werk ist unerschöpflich, ihre Reverenzen erwiesen andere Komponisten ihrerseits mit Transkriptionen. Vavic lässt deren Klangfarben in Myra Hess' bzw. Egon Petris Klavier-Bearbeitungen von „Jesu meine Freude" und „Schafe können sicher weiden" schimmern. Ihre eigene visuelle Interpretationskraft leuchtet in Skrjabins „Poème ‘Verse la flamme'" auf: Vom dissonanten, zittrigen Wehen einer Flamme entfacht sich ein loderndes Feuer bis schließlich ein einziges, zartes Gebilde in die Höhe steigt und Licht wird.

Anika Vavic bedankte sich für den Applaus mit zwei Zugaben.

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