Presse
14. 01. 2025
Im Gelsenkirchener Musiktheater regierte der „Tag des Zorns“
Gelsenkirchen. 5. Sinfoniekonzert der Neuen Philharmonie Westfalen mit der Solistin Anika Vavic am Klavier begeisterte das Publikum im Gelsenkirchener MiR.
Kaum ist der Tannenbaum rausgeflogen, sind die Christbaumkugeln eingemottet und die so festlich-besinnliche Zeit für beendet erklärt, da wird es auch schon schaurig im Musiktheater im Revier. Denn hier tanzte der Tod - das allerdings teuflisch gut. Mit Pauken und Trompeten beschwor die Neue Philharmonie Westfalen (NPW) am Montagabend im gut besetzten Großen Haus nach allen Regeln der Kunst den „Tag des Zorns". Das 5. Sinfoniekonzert stand unter dem Titel „Dies Irae" und geriet zu einem veritablen, mit zahlreichen Bravos bedachtem Erfolg.
Temperamentvolles Dirigat des Italieners Daniele Squeo
Unter dem temperamentvollen Dirigat des Italieners Daniele Squeo, aktuell Generalmusikdirektor am Pfalztheater Kaiserslautern, präsentierte das Landesorchester ein packend aufregendes Programm zwischen teuflischen Tänzen, diabolischem Donnergrollen und herrlichem Höllenritt. Neben Camille Saint-Saens „Danse macabre" und Franz Liszts „Totentanz" beleuchtete Hector Berlioz' „Symphonie Fantastique" die Höllenqualen der menschlichen Seele.
Dazwischen erklangen immer wieder zarte Sequenzen zur Beruhigung der aufgebrachten Gemüter. Für den klangschönsten Ruhepunkt sorgte
Pianistin Anika Vavic, die nach dem aufwühlend-aufregenden „Totentanz" ein verträumtes Präludium aus Johann Sebastian Bachs „Wohltemperiertem Klavier" in einer Bearbeitung von Alexander Siloti spielte und sich für den Beifall noch mit einer heiteren, zweiten Zugabe (einem „Ländler" aus Franz Schuberts „Deutschen Tänzen") bedankte.
Pianistin Vavic ließ den Tod auf den Tasten tanzen
Die Wienerin Vavic, in Belgrad geboren, ließ den Tod tiefschwarz, düster und mächtig auf den Tasten tanzen. Obwohl die rechte Hand getaped war, hämmerte die Pianistin zu Beginn die Akkorde mächtig donnernd in den Saal, hochvirtuos erklang der lyrische Teil des Totentanzes, wunderbar flossen die Glissandi, ein diabolisch schwieriger Auftritt nach Noten.
Das Klavier trat ein in einen beredten Dialog mit dem Orchester, das unter Squeos weit ausholenden Gesten und dynamischen Ansagen dermaßen dramatisch, intensiv und furios auftrumpfte, dass in wenigen Momenten sogar der Klang des Soloinstruments unterzugehen schien. Dafür gab es aber auch die fast meditativ solistischen Momente, in denen sich das Klavier allein, dann glänzend begleitet von der Solo-Klarinette, entfalten durfte.
Wunderbares Solo von Konzertmeister Misha Nodelmann
Ein wunderbares Solo gelang auch Konzertmeister Misha Nodelmann beim Auftakt mit Saint-Saens „Danse Macabre". Der eigentliche Brocken des Abends, Berlioz' fast einstündige, fantastische Sinfonie, ein opulentes Meisterwerk der Romantik, begeisterte das Publikum schließlich nach der Pause mit seinen musikalisch komplexen, abwechslungsreichen Themen aus Träumerei und Höllenritt. Das Orchester trumpfte auf mit Kraft, Dramatik und Lautstärke und das vor allem im finalen Satz, dem spektakulären „Hexensabbat" mit seinen effektvollen Momenten. Da demonstrierte die NPW eindrücklich, wo die Glocken hängen, auch in perfekten Solo-Einsätzen der einzelnen Stimmgruppen. Großer Jubel am Ende.